Selbstorganisiertes Moderationsseminar vom 10.-12. März 2006

Wir haben in Nordost-Brandenburg (bei Letschin, im Landheim Wilhelmsaue) ein Seminarhaus gebucht, in dem bis zu 40 Personen teilnehmen können. Eine "professionelle" Moderatorin ist als Begleitperson mit dabei, es sollen aber vor allem gemeinsam Wege gefunden werden, damit Moderation so wenig manipulierend wie möglich und so effizient wie nötig einen emanzipatorischen Prozess in Gang setzt.

Wir sind immer wieder damit konfrontiert, bei regionalen/ bundesweiten/ internationalen Treffen oder Camps oder Kongresse usw. mit Vielen zu kommunizieren und manchmal sogar zu Entscheidungen kommen zu
wollen oder gar zu müssen.
Bei dem selbstorganiserten Seminar soll es darum gehen, einerseits
Moderationstechniken kennenzulernen, auszuprobieren (z.B. in Rollenspielen, also ganz praktisch) und andererseits genau hinzuschauen und zu analysieren, was für Gefahren und welche Art von Manipulation jeweils darin steckt. Das Ziel des Seminars ist also, für uns heraus zu finden, in welcher Art wir in Zukunft Gruppen/Zusammenkünfte moderieren, strukturieren wollen und wenn gewünscht, zu Entscheidungsfindungen kommen. Und das in einer Art, die den Gruppen/Zusammenkünften gerecht wird, das heißt, mit der alle "möglichst" (da fängt es schon an möglichst oder auf jeden Fall!!) zufrieden sind, wo mit dem zeitlichen Limit, das immer gegeben ist, "möglichst" so effizient umgegangen werden kann, wie Entscheidungen notwendig sind. Bei der Entscheidungsfindung geht es auch darum, herauszufinden, wann und ob Entscheidungen überhaupt sein
müssen oder ob es nicht eher darum geht, zu schauen, was die Ziele der
jeweiligen Gruppierungen sind, und welche Organisierungsform gewollt ist (z.B. horizontal oder vertikal).

Um euch einen kleinen Überblick zu geben, folgt hier eine kleine Auflistung der verschiedenen Arten der "Moderation":

  • "einfache" Redeleitung"
  • die Diskussionsstränge zusammenfassend, auf jeweils ein Diskussionsstrang fokussierend, damit am Ende die Teilnehmenden zu einem "Ergebnis" kommen (=struktuierendes Verfahren)
  • talkshowmäßig
  • alles fließen lassen und sozusagen nur der "Transmissionsriemen" zwischen den verschiednen Menschen zu sein, versuchen das für alle zu visualisieren, transparent zu machen und nach dem Konsensprinzip dann zu überlegen, was überhaupt diskutiert wird
  • die Moderation strukturiert die Debatte mit quotierten RednerInnenlisten;
    Beispiel: sowie jemand sich meldet, der oder die noch nichts gesagt hat, kommt nach vorne auf der Liste oder wenn mehr Männer als Frauen oder mehr Menschen mit deutschem Pass als MigrantInnen bzw. Flüchtlinge anwesend sind, wird jeweils quotiert
  • Moderation mit viel mehr technischem Einsatz wie Kärtchen schreiben, Metaplan, Mindmap und anderen Visualisierungsmethoden, Kleingruppen bilden etc.; also insgesamt mehr interaktiv anregend
  • Moderation mit powerpoint-Präsentation, Kurzprotokoll sofort visualisierend
  • Kleingruppen vs. Großgruppenverfahren
  • Entscheidungsfindungen nach Mehrheitsprinzip oder mit den Füssen
  • Entscheidungsfindung nach dem Konsensprinzip
  • Diskussionen nach dem fish-bowl- oder open space Prinzip anleiten
  • Moderation, bei der die anderen angehalten werden, sich aktiv zu beteiligen (Bsp. bei pga entwickelte Methode mit den vielen Handzeichen, Vorgehen nach dem Konsensprinzip) - Umgang mit Übersetzung
    (Übersetzungsecken, in einer übersetzen Sprache für alle,...)

Und und und... ich könnte noch lange die diversen Möglichkeiten aufschreiben.
Gemeinsam ist allen Techniken, dass sie mehr oder weniger manipulativ sind, eine Machtposition beinhalten. Ich kann mich an viele Vollversammlungen (mit mehreren hundert Menschen!) aus den den 80igern erinnern, wo es keine Moderation gab und wo diejenigen das Sagen hatten, die sich am stärksten fühlten, die die größte Klappe oder Autorität hatten, die in den informellen Machthierarchien ganz oben waren. Ich denke, da wollen wir nicht hin zurück.
Dass jemand Diskussionen strukturiert bzw. moderiert, ist auch daraus
entstanden, dass die "Macht" soz. auf jemand "Neutrales" übergeben wurde, der oder die auch Schüchternen oder sog. Schwächeren durch eine Struktur wie eine RednerInnenliste mehr Möglichkeiten der Teilhabe bietet. Aber so einfach ist das nicht. Es ist damit eine neue Macht entstanden, die mehr hinterfragt werden muss.

Der Hintergrund des Seminars ist also: Wir wollen einen emanzipatorischen
politischen Weg gehen. Dazu gehört eben auch, politisch bewußt und transparent mit Strukturvorgabe, Moderation und Entscheidungsfindung analytisch wie auch praktisch umzugehen. Und darüber wollen wir diskutieren, uns analysierend austauschen und vielleicht zu neuen Umgehensweisen kommen.

Es wäre schön, wenn ihr mir bei der Anmeldung ein wenig über eure gemachten Erfahrungen was kurz schreiben könntet.
Anmeldung unter: uschi-vw@kamalatta.de oder gipfelsoli@nadir.org



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Wer dieses Seminar direkt initiiert hat, kann ich leider nicht genau sagen - nach meinem Informationsstand besteht allerdings noch die Möglichkeit, daran teilzunehmen. Also wer sich angesprochen fühlt: Schnell anmelden!
Anfahrtoptionen findet ihr hier
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