Solidarität mit Artem in Novosibirsk- Jetzt!

Am 15.5.2009 wurde in Novosibirsk der bekannte Künstler Artem Loskutov verhaftet. Artem ist seit Jahren als junger Künstler überregional engagiert, hat einige politische Künstler-Gruppe mitbegründet, ist Ideengeber für viele kreative gesellschaftsanalytische Kunst-Aktionen, nahm an der berühmten "Monstration" teil und engagiert sich in deutsch-russischen Projekten. In den letzten Jahren führten das DJB mit seiner Künstlergruppe Geschichts- und Jugendbildungsprojekte durch. Seit einiger Zeit ist er Repressionen ausgesetzt, die nun in seiner Verhaftung mündeten.

Verhaftung am 15.5.09

Bereits am 1. Mai wurde Loskutov vor der diesjährigen "Monstration" durch die Polizei zu einem "präventiven Gespräch" vorgeladen und musste mehre Stunden auf dem Polizeirevier verbringen. In den Vorjahren wurde er als mutmaßlicher Organisator der "Monstration" sogar verhaftet. Im Zuge des Gesprächen versprach er keinerlei Aktionen zu organsieren und hiel sich von den öffentlichen Meinungsbekundungen fern.

Am 15.5. morgens wurde er vom Leiter des "Zentrums zur Bekämpfung von Extremismus", Sergej Aleksandrowitsch, telefonisch zu einen erneuten Gespräch zur Polizei zitiert.

Artem lehnte dies mit der Begründung ab, dass er an diesem Tag von 9-18 Uhr arbeiten müsse und Diplomvorverteidigung habe. Für eine Freistellung bräuche er eine schriftlichen Vorladung unter Angabe der Gründe, wie es das russische Gesetz verlangt. Daraufhin drohte ihm der Polizist am Telefon unfreundlich mit der Abholung von der Arbeit per "Auto mit Hund". Auf der Arbeitsstelle wurde angerufen, die Abholung blieb aber aus.

Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause wurde er Freitag Abend auf offener Straße von drei Beamten der Polizei in Zivil angehalten und mit der Begründung, eine Straftat begangen zu haben, in Handschellen gelegt. Der Forderung der Begleiterin, die Dienstausweise zu zeigen und eine Begründung für die Verhaftung sowie den Verbringungsort zu nennen, kamen die Beamten nicht nach. Er wurde dann in einem Auto abtransportiert, ca. 100 Meter weiter auf einem Hof angehalten und seine Tasche im Kofferraum des Polizeiwagens durchsucht. Dabei wurde angeblich ein Päckchen mit Marihuana gefunden.

Beobachter merken den Grundwiderspruch der Anschuldigung an: Die Mitführung illegaler Drogen nach der unmittelbaren Ankündigung bzw. Androhung der polizeilichen Ingewahrsamnahme durch einen Aktivisten, der mehrmals polizeilicher Repression ausgesetzt war, ist nicht glaubwürdig.

Die Verhaftung geschah vor einer geplanten größeren literarischen Performance über Gogol im Rahmen der "Nacht der Museen".

Sonntag - Anhörung

Am Sonntag versuchte die Polizei bereits eine Anhörung im Gericht, ohne den Anwalt des Inhaftierten durchzuführen. Seine Freundin wurde im Gerichtsgebäude von einem Beamten angeschrien und rausgeworfen, weil sie darauf drängte, die Anhörung nicht ohne den Anwalt zu beginnen. Loskutov bestand auf die Anwesenheit des Anwalts, der verspätet ins Gericht gelassen wurde. Eine Freilassung auf Kaution konnte nicht erwirkt werden; jedoch eine Verschiebung der Anhörung um zwei Tage, um Material für die Verteidigung zu sammeln.

20.5.09 gerichtliche Anhörung

5 Tage nach der Verhaftung Loskutovs fand eine richterliche Anhörung statt. Im Ergebnis verfügte die Richterin, dass Loskutov bis zur Hauptverhandlung hinter Gittern bleiben muss.

Über den Zeitrum der Untersuchungshaft bis zur Verhandlung wurde keine Aussage getroffen. Lokale Medien sprechen von bis zu einem Monat.

Die gerichtliche Anhörung dauerte ca. 6 Stunden. Die Anhörung wurde um eine halbe Stunde auf 12:30 verschoben, die Richterin kam 10 Minuten zu spät. Der Staatsanwalt versuchte die stark vertretene Öffentlichkeit von der Anhörung auszuschließen. Beobachter zweifeln an der Gewissenhaftigkeit der Ankläger, da der Ermittler der Staatsanwaltschaft während der Verhandlung permanent SMS schrieb und der Staatsanwalt selbst für eine Weile abwesend war.

Von der Anklage wurde der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer organisierten Gruppe (5 Namen wurden genannt), die (mutmaßlich) eine "Gesetzes widrige Veranstaltung" vorbereiten (welche wurde nicht konkret genannt), und an Antiglobalisierungs-Aktionen teilnahmen, sowie des Rauschmittelvertriebs in Novosibirsk (und Gebiet) vorgetragen.

Sie bezog sich dabei vor allem auf Aussagen des "Zentrums E" (E wie Extremismus) der Polizei, vertreten durch Polizei-Major Oksana Lebedeva, stellvertretene Vorsitzende des regionalen Innenministeriums. (Das "Zentrum zur Bekämpfung von Extremismus" ("Zentrum E") ist eine Abteilung des regionalen Innenministeriums.)

Im Vorfeld der Verhaftung gab es gegen Loskutov den Verdacht der "rechtswidrigen Betätigung", daraufhin wurde durch die "Zentrum E" gegen ihn operativ ermittelt. Seit dem 29.4. die Abhörung seines Telefons erwirkt. Die Ergebnisse der Aufzeichnungen sollen laut "Zentrum E" die Vorwürfe der Anklage erhärten. Während der Anhörung wurde jedoch kein einziges Zitat aus den Telefonaten als Beweisdokument angeführt.

Laut "Zentrum E" soll Loskutov am 1. Mai an "rechtswidrigen Aktionen" beteiligt gewesen sein. In der Anhörung wurde jedoch noch einmal herausgestellt, dass er an diesem Tag bei der Polizei an einem "präventiven Gespräch" teilnehmen musste und somit den öffentlichen Aktionen fernblieb.

Auf Verdachtsmomente hin wurde Artem am 15.5. von 3 Beamten festgenommen und während der obligatorischen Durchsuchung (angeblich) ein Päckchen Marihuana gefunden.

Neben den Anschuldigungen wegen Mitgliedschaft in einer extremistischen Gruppierung und Gesetzes widrigen Handelns wurde die Anklage nach Paragraph 228 Absatz 1 erhoben. Strafgesetzparagraph 228 behandelt die "illegale Beschaffung, Aufbewahrung, den Transport, Herstellung und Verarbeitung von Drogen, psychotropen Substanzen und analogen Stoffen in großen Mengen". Die Bestrafung kann bis 40 Tausend Rubel Geldbuße (oder des Verdienstes oder anderer Einkommen bis zu drei Monaten) oder Arbeitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Freiheitsentzug bis drei Jahren umfassen. Seine Anklage lautet auf "illegale Beschaffung von 11 Gramm Marihuana von einer unbekannten Person". (Zu klären gilt, ob die angeblich gefundene Menge von 11 Gramm Marihuana diesen Strafbestand erfüllt)

Laut (wortwörtlichem) Zitat Lebedevas: "Im Zuge der Ermittlung wurde festgestellt: "Loskutov bezog zu unbekannter Zeit, an unbekanntem Ort, vorsätzlich, illegal, und der Illegalität der Handlung bewusst, von einer unbekannten Person für eine unbekannte Summe ein Packet mit einer grünen Substand, Marihuanna"

Diese Anschuldigung wurde untermauert durch Befragungsergebnisse der Nachbarn Loskutovs, denen zu Folge er des öfteren "nicht-nüchtern" angetroffen wurde, oft Besuch bei sich hatte und laut Musik hörte. (Beobachter merken an, dass ihm Nachbarn gegenüber nie derartige Beschwerden geäußert hätten und auch nie die Polizei gerufen wurde, geschweige denn derartige Aussagen die Anklagepunkte untermauern.)

Nach Einschätzung der Beobachter wurden von Seiten der Anklage keinerlei fundierten Dokumente oder Beweise vorgebracht, die diese Anschuldigungen rechtlich untermauert hätten. Trotz Einwilligung Loskutovs und der Verteidiger, die erwähnten Telefonaufzeichnungen zitieren zu können, wurden keine derartigen Beweise vorgebracht.

Trotz der ausführlichen positiven Darstellung Artems Charakter, seiner positiven Eigenschaften und seines künstlerischen Engagements durch die Verteidigung und zahlreiche Zeugen sowie Bürgen, wurde durch die Richterin das og. Urteil aufgrund des Verdachts der Fortführung gesetzwidriger Handlungen und Fluchtgefahr gefällt.

Da sich der Prozess nun hinziehen wird, wird jede Form der Unterstützung benötigt, vor allem Rechtsbeistand und finanzielle Unterstützung für das Verfahren.

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